ALKISplusörF - Nachweis öffentlich rechtlicher Festsetzungen in ALKIS Rheinland-Pfalz

Lagerichtig. Rechtssicher. Aktuell. Flurstücksbezogen.

Öffentlich-rechtliche Festsetzungen bedingen oft eine Eigentumsbeschränkung; ihr geometrisch zutreffender Nachweis ist daher elementar. Rheinland-Pfalz führt mit ALKISplusörF einen integrierten Nachweis von Eigentum und Eigentumsbeschränkungen in ALKIS.

Ziel ist es, die in den gesetzlichen Grundlagen in Rheinland-Pfalz definierten öffentlich-rechtlichen Festsetzungen (örF) bis 2022 vollständig, aktuell und rechtlich zutreffend in geometrischer Identität mit dem Flurstück in ALKIS zu führen. In Abstimmung mit den Fachstellen (z. B. Naturschutz) wurde ein Workflow entwickelt, der vom Transfer der örF via Web-Feature-Services über die Geometriebearbeitung bis zur ALKIS-Aktualisierung reicht. Wesentliche Tools sind die GIS-Lösung QGIS sowie die ALKIS-Qualifizierungskomponente. Auf der INTERGEO wurden die Schnittstellen und Abläufe vorgestellt sowie eine Übersicht über die bereits in ALKIS nachgewiesenen öffentlich-rechtlichen Festsetzungen gegeben.

Öffentlich-rechtliche Festsetzungen (örF) sind in Rheinland-Pfalz auf Grundlage des § 10 Abs. 1 und 3 des Landesgesetzes über das amtliche Vermessungswesen (LGVerm) in Verbindung mit § 9 der Landesverordnung zur Durchführung des Landesgesetzes über das amtliche Vermessungswesen (LGVermDVO)  im Liegenschaftskataster zu führen.

Zu den örF zählen nach § 3 des LGVerm die aufgrund von Rechtsvorschriften durch die fachlich zuständigen Stellen getroffenen bodenbezogenen Bewertungen, Belastungen und sonstigen Festlegungen zu Liegenschaften. § 9 LGVermDVO spezifiziert den Umfang der zu führenden örF. Darüber hinaus normieren spezialgesetzliche Regelungen in Ergänzung zum LGVerm den Nachweis bestimmter örF in den amtlichen Geobasisinformationen bzw. schreiben deren Übermittlung an die Vermessungs- und Katasterverwaltung zum Nachweis in den Geobasisdaten vor. Beispielhaft seien erwähnt:

  • Landesnaturschutzgesetz Rheinland-Pfalz (§ 10)
  • Bodenschätzungsgesetz des Bundes (§ 14)
  • Landesbodenschutzgesetz Rheinland-Pfalz (§ 8 Abs. 5)

Das Landesgesetz über das amtliche Vermessungswesen sowie fachgesetzliche Regelungen anderer Disziplinen bilden die rechtliche Basis eines integrierten Nachweises von Eigentum- und Eigentumsbeschränkungen im Liegenschaftskataster Rheinland-Pfalz. Aufgabe des Liegenschaftskataster ist es, die örF lagerichtig, rechtssicher, aktuell und flurstücksbezogen, d.h. insbesondere durch technische Realisierung eines durch die Rechtsverordnungen getroffenen geometrischen Flurstückbezugs in ALKIS zu führen.

Die den örF zu Grunde liegenden materiellen Festlegungen gründen auf besonderen fachspezifischen Rechtsvorschriften aus vielfältigen Disziplinen und reichen vom Landes- über Bundes- bis hin zum Europarecht.

Exemplarisch genannt seien:

  • Das Landesnaturschutzgesetz zur Ausweisung von  Ausgleichs- und Kompensationsflächen. 
  • Das Bundesnaturschutzgesetz als Grundlage zur Festsetzung von Naturschutzgebieten, Naturdenkmälern oder gesetzlich geschützter Biotope und
  • die  auf Grundlage von EU-Richtlinien definierten Vogelschutz und Flora-Fauna-Habitat Gebiete. 

Die Zuordnung, Widmung und geometrische Abgrenzung der örF obliegt den jeweils zuständigen (ausführenden) Fachstellen auf Grundlage der spezialgesetzlichen Normen. Der Nachweis der örF im Liegenschaftskataster erfolgt nur im Sinne einer zutreffenden nachrichtlichen Information der Eigentümerinnen, Eigentümer und Erbbauberechtigten. Die Eintragung in das Liegenschaftskataster ist daher kein eigenständiger Verwaltungsakt. Die rechtsbegründende und ggf. rechtsbehelfsbewehrte Festsetzung der örF wird durch die fachlich zuständigen Stellen bewirkt. Die digitale Bereitstellung der örF erfolgt teils in Eigenregie der festsetzenden Stellen, teils durch Dienstleister. Der Datenbereitstellung geht in der Regel eine Qualitätsprüfung der Fachstellen voraus.

Der Nachweis der örF im ALKIS hat keinen rechtsbegründenden sondern nur einen nachrichtlichen Charakter. Die örF werden von den fachlich zuständigen Stellen als qualifizierte Ausgangsdaten zur Verfügung gestellt.

Die Modellierung der örF im Amtlichen LiegenschaftsKataster InformationsSystem (ALKIS) bestimmt sich nach dem ALKIS-Objektartenkatalog Rheinland-Pfalz auf Grundlage der GeoInfoDok 6.0. Analoge Regelungen gelten für die Modellierung der örF im Amtlichen Topographisch-Kartographischen InformationsSystem (ATKIS).

Zu diesen Objekten der Objektartengruppe „Öffentlich-rechtliche und sonstige Festlegungen“ werden nach dem ALKIS-OK RP grundsätzlich folgende Angaben geführt:

  •  Art der Festsetzung (Attribut: ADF) (innerhalb der OA ggf. nach Wertarten differenziert),
  •  die fachlich zuständige / ausführende Stelle (Attribut: AFS)
  •  ein eindeutiges Fachkennzeichen in den Attributen Bezeichner (BEZ) oder Nummer (NUM)
  •  sowie ggf. der Name des Fachobjektes. 

 Am Beispiel der Weinlagen wird die Modellierung nachfolgend dargestellt:

ALKIS-ModellierungBelegungsbeispiel
Objektart (OA)"71011" (AX_SonstigesRecht)
Art der Festsetzung (ADF)Werteart: "7000" (Weinlage)
Ausführende Stelle (AFS, Landeskennung)
Ausführende Stelle (AFS, Dienststellenschlüssel)
"07" (Landeskennung Rheinland-Pfalz)
"WLWK001" 7-stellige Verschlüsselung der zuständigen Stelle
Name (NAM)"Goldberge" Eigenname der Weinlage
Bezeichner (BEZ)"710617" (Weinlagennummer, Fachkennzeichen der fachlich zuständigen Stelle)

Optionale Attribute wie 'Name', 'Bezeichner' oder 'Nummer' werden nach Abstimmung mit der Fachstelle geführt und durch diese inhaltlich vorbelegt. Auf die Attribute 'Bezeichner' bzw. 'Nummer', befüllt mit einem eindeutigem Fachkennzeichen, entfallen im Prozess zwei Funktionen:

  • In den ALKIS-Ausgabeprodukten verweist das Fachkennzeichen auf das konkrete Fachobjekt und ermöglicht so, weitere Informationen dazu bei der Fachstelle zielgerichtet einzuholen.
  • Der Fachstelle selbst dient das Fachkennzeichen als Verknüpfung soweit in ALKIS großräumige (gemarkungsübergreifende) Fachobjekte aus Gründen der Datenführung in mehrere Einzelobjekte zerteilt wurden.

Die Modellierung der in Rheinland zu führenden örF bestimmt sich nach dem ALKIS-OK RP. Optionale Attribute wie 'Name' und 'Bezeichner' werden in enger Abstimmung mit der Fachstelle geführt.

Ausgangssituation

Ausschnitte aus alten Schreiben und Karteikarten
Langjährige Praxis bis in die Gegenwart: Analoge Hinweise auf örF

Die Beschreibung und Dokumentation der örF durch die Fachstellen sind aus technisch-historischen Gründen und in Folge der vormals unterschiedlichen fachlichen Zuständigkeiten naturgemäß sehr heterogen ausgeprägt. Dies gilt sowohl für die Art und Weise der Informationsbereitstellung als auch auch für die Form, Genauigkeit und Ausgestaltung der rechtsbegründenden Text- und Planfestsetzungen.

Bisherige Einzelvereinbarungen der Vermessungs- und Katasterverwaltung mit den Fachstellen verpflichteten diese, den Vermessungs- und Katasterämtern neu festgesetzte örF nach deren Bestandskraft durch Übersendung analoger Auszüge anzuzeigen. Verabredungen zu früheren digitalen Austauschformaten blieben oft ohne durchgreifenden Erfolg. In Teilen war und ist es nach den bisherigen Vereinbarungen auch Aufgabe der Vermessungs- und Katasterämter amtliche Veröffentlichungsorgane auszuwerten und auf dieser Grundlage einzelne örF zu aktualisieren. Im Ergebnis bedeutete diese Vorgehensweise oft unvollständige Anzeigen oder Übermittlungen und einen bislang meist interaktiven Übernahmeprozess, der durch eine aufwändige Digitalisierung analoger Planfestsetzungen oder den Import von Flurstückslisten geprägt war.

Der bisherige Datenfluss zwischen den Fachstellen und der Vermessungs- und Katasterverwaltung war zu Lasten der Vollständigkeit und der Aktualität durch interaktive und analoge Informationsübermittlung geprägt.

Karte zeigt die Verteilung der Flora-Fauna-Habitat-Gebiete in Rheinland-Pfalz
Übersicht über die FFH-Gebiete in Rheinland-Pfalz

Mit Einschränkungen konnte die bisherige interaktive Vorgehensweise zur Aktualisierung einzelner kleinräumiger örF insbesondere in Verbindung mit der Übernahme von Liegenschaftsvermessungen noch akzeptiert werden. Die landesweite Übernahme war für großräumiger Objekte unter diesen Rahmenbedingungen jedoch kaum effizient möglich.

Bereits 2015 zeichneten sich daher in Gesprächen mit der Naturschutzverwaltung Rheinland-Pfalz neue Anforderungen und Rahmenbedingungen ab, die schnell die „Missing-Links“ eines zeitgemäßen Übernahmeprozesses verdeutlichten, zugleich aber auch neue Lösungsoptionen eröffneten.

So implementierte die Naturschutzverwaltung Rheinland-Pfalz in den letzten Jahren eine zentralen Dienst, in der alle aus Sicht des Naturschutzes relevanten örF,  fachlich qualifiziert (im Sinne amtlicher Daten), vorgehalten werden. Die Bereitstellung ist damit erstmals unabhängig davon, welche fachlich zuständige Behörde aus dem Naturschutzbereich die Festsetzung im Einzelnen ausgesprochen hat. Daraus ergab sich für die  Vermesssungs- und Katasterverwaltung die Möglichkeit, die örF landesweit über einen abgestimmten Web-Feature-Service (WFS) der Fachstelle zu beziehen.

Die bisher fehlenden Glieder einer zeitgemäßen Prozesskette bezüglich einer

  • zentralen
  • digitalen und
  • fachlich qualifizierten Datenbereitstellung sowie
  • eines abgestimmten WFS - Formates

konnten so geschlossen werden.  

Folgerichtig entstanden daraus Optionen, die Übernahme großräumiger örF deutlich effizienter zu gestalten und eine Vervollständigung des landesweiten Nachweises anzustreben.

Zur Verdeutlichung: In Rheinland-Pfalz standen allein aus dem Bereich der Geofachdaten des Naturschutzes (GfN) folgende örF zu übernehmen

  • 242.000 ha Vogelschutzgebiete und
  • 257.000 ha Flora-Fauna-Habitat-Gebiete (FFH)

Die zentrale und digitale Bereitstellung der örF durch abgestimmte Web-Feature-Services der Fachverwaltungen bildete neben der Implementierung VermkV-seitiger Tools die Grundvoraussetzung für einen digitalen Workflow zur flächenhaften Übernahme großräumiger örF in das Liegenschaftskataster. 

Zwei Kartenbeispiele, vor und nach der Anpassung der Geometrien
Teilausschnitt eines Vogelschutzgebietes vor und nach der Geometrieanpassung auf die Flurstücksgrenze

Naturgemäß sind auch die Geometrien der digital bereitgestellten örF durch Unschärfen in der Geometrieabgrenzung und eine i.d.R. fehlende geometrische Identität mit der (unterliegenden) aktuellen Flurstücksgeometrie gekennzeichnet. Die Ursachen hierfür sind vielfältig:

Die örF wurden fachseitig

  • auf nicht aktuellen Flurstücksgeometrien digitalisiert.
  • auf Raster- oder Vektorgrundlagen ohne Geometriefangfunktionen digitalisiert.
  • nur textlich definiert und späterhin nach vorgenannten Methoden digitalisiert.
  • auf teils unzureichenden Maßstäben kleiner 1:1000 erfasst oder an topografischen Begrenzungen orientiert.

Zur Gewährleistung eines lagerichtigen und flurstücksbezogenen Nachweises ist daher die Herbeiführung der Identität zwischen der rechtlich maßgeblichen örF-Begrenzung und der zum Übernahmezeitpunkt aktuellen Flurstücksgeometrie in ALKIS ein essentieller Bestandteil des Übernahmeprozesses.

Nur so wirken sich auch nachfolgende Änderungen in der Flurstücksgeometrie durch Liegenschaftsvermessungen oder Maßnahmen zur Strukturierten Qualitätsverbesserung des Liegenschaftskatasters (Neuberechnungen, Kartenanpassungen) lagerichtig auf die örF-Begrenzung aus und fehlerhafte Ausgabeprodukte werden vermieden.

Auch in Rheinland-Pfalz wurde vorab eine intensive Diskussion geführt, ob es nicht ausreicht, die örF physisch und geometrisch unabhängig in den Fachsystemen einerseits sowie die Flurstücksgeometrie in der ALKIS-Datenhaltung der Vermessungs- und Katasterverwaltung andererseits zu führen und die Daten zur Ableitung der Ausgabeprodukte (z.B. Flurstücksnachweise) durch Verschneidung zu generieren. Es wurde jedoch schnell deutlich, dass ein solches Verschneidungsprodukt getrennt geführter Nachweise rechtlich unzutreffende Hinweise zur Lage der örF ergeben würde. Dieser Mangel wäre bei zu Grunde liegenden flurstücksbezogenen Rechtsfestsetzungen weder rechtlich vertretbar, noch durch die beteiligten Stellen gewollt oder gar gebilligt.

Im Gegenteil: Einige spezialgesetzliche Regelungen normieren in Ergänzung zum LGVerm den Nachweis bestimmter örF in den amtlichen Geobasisinformationen bzw. schreiben deren Übermittlung an die Vermessungs- und Katasterverwaltung zum Nachweis in den Geobasisdaten vor. Beispielhaft seien erwähnt:

  • Landesnaturschutzgesetz Rheinland-Pfalz (§ 10)
  • Bodenschätzungsgesetz des Bundes (§ 14)
  • Landesbodenschutzgesetz Rheinland-Pfalz (§ 8 Abs. 5)

Für den Übernahmeprozess auf Seiten der Vermessungs- und Katasterverwaltung bestand daher die Herausforderung, die fehlende Identität der örF-Begrenzung mit der Flurstücksgeometrie unter Beachtung der rechtlichen Festsetzung in möglichst hohem Maße automatisiert aber dennoch rechtskonform herbeizuführen und im Zuge nachfolgender Liegenschaftskatasteraktualisierungen zu erhalten.

Folgende Fragen waren dazu zu beantworten:

  • Mit welchen Tools konnte die geometrischen Anpassung der via WFS bereitgestellten örF-Objekte auf die zum Zeitpunkt der Übernahme aktuelle Flurstücksgeometrie effizient erfolgen?
  • Über welche Schnittstelle konnte der Import der örF-Objekte in die ALKIS-Verarbeitungs- und Datenhaltungskomponenten erfolgen? In Rheinland-Pfalz kommen hier die DAVID-Komponenten der Firma ibR (Bonn) zum Einsatz.

Die Erzeugung geometrischer Identitäten zwischen den örF-Objekten und der zum Übernahmezeitpunkt aktuellen Flurstücksgeometrie stellte insbesondere bei der massenhaften Erstübernahme eine große Herausforderung dar. Zudem war eine Schnittstellendefinition zum Import der örF-Objekte in die DAVID-Verarbeitungskomponente erforderlich.

Bildschirmschüsse aus der freie Geoinformationssystemsoftware QGIS
Beispiele für Prozesseschritte in QGIS

Diese „Missing-Links“ konnten durch die Verwendung des OpenSourceGIS „QGIS“ und der Entwicklung eigener QGIS-Tools geschlossen werden. In QGIS werden im Wesentlichen folgende Prozessschritte ausgeführt:

Datengewinnung und -portionierung

Die WFS-Dienste der Fachverwaltung konnten in QGIS ohne Mehraufwand eingebunden werden. Das PluGIN "Shapeaufbereitung" (Eigenentwicklung) ermöglicht im ersten Schritt die gezielte Datengewinnung für einzelne örF (Fachobjekte) anhand des Fachkennzeichens der Objekte (z.B. Schutzgebiets- oder Weinlagennummer) aus dem WFS.

Im gleichen Prozessschritt werden gemarkungsübergreifende Objekte mit dem Gemarkungs-WFS-Dienst der Vermessungs- und Katasterverwaltung verschnitten und so zur weiteren DAVID-Bearbeitung mindestens auf Gemarkungsgröße portioniert. Multiflächen werden aufgelöst und Splitterflächen unterhalb einer parametresierbaren Mindestgröße ausgefiltert.

Flurstücks-NAS-Daten, Geometrie einrasten

Entsprechend der  Ausdehnung des generierten Fachobjektes wird in QGIS eine Umringsdatei zur Standardbenutzung der DAVID-Ausgabe und Transferkomponente (ATK) abgeleitet und für den Bearbeitungsbereich ein NAS-Bestandsdatenauszug der aktuellen Flurstücksgeometrie generiert. Per „Drag & Drop“ lässt sich die Flurstücksgeometrie aus den NAS-Daten in QGIS importieren. Fachobjekt und aktuelle Flurstücksgeometrie liegen nun als vektorieller Datenbestand in QGIS vor. Durch die Funktion Geometrie einrasten werden bis zu einer parametresierbaren Schranke die Geometrien des Fachobjektes auf die Geometrien der Flurstücke „gefangen“ und so Lageidentität erzeugt.

Interaktive Nachbearbeitung

Ergänzende interaktive Eingriffe in die Geometriebearbeitung bleiben in einem unvermeidbaren, aber vertretbarem Umfang erforderlich. Dazu sind im Einzelfall auch die Rechtsverordnungen hinzuzuziehen und Abstimmungen mit der fachlich zuständigen Stelle durchzuführen. Zu löschen sind dabei z.B. überzählige Knotenpunkte oder einzelne Geometrieverläufe des Fachobjektes, die außerhalb der voreingestellten Schranken zu liegen kommen. Augenfällige Abweichungen zwischen Fachobjekt und Flurstücks- oder Nutzungsstruktur, die sich meist durch zwischenzeitliche Änderungen an den Flurstücken (Bodenordnungsverfahren, Neubaustrecken, etc.) ergeben haben, werden der Fachseite im Sinne eines gegenseitigen Qualitätsmanagements zur eventuellen Nachführung der rechtlichen Festsetzungen angezeigt. Die Entscheidung über die Nachführung der Rechtsverordnung oder etwaige andere Rechtsfolgen obliegt einzig der Fachstelle. Die Übernahme erfolgt gemäß der im WFS bereitgestellten und aktuell rechtsgültigen Geometrie.

FEHLER-Dateien ableiten

Zur Realisierung der geometrischen Identität ist es erforderlich, in DAVID Geometriepunkte an den Schnitt- oder Knickpunkten mit der Flurstücksgrenze auszubilden und / oder fehlende Fachbedeutungen aufzuaddieren.

Um diese „neuralgischen Punkte“ in der DAVID-Projektbearbeitung gezielt abarbeiten zu können, wird in QGIS eine FEHLER-Datei (FEH-Datei) abgeleitet, die in DAVID importiert und dort systematisch abgearbeitet wird. Insbesondere das Auffinden der zu bearbeitenden Punkte wird so deutlich erleichtert.

Datenbereitstellung

Das in QGIS aufbereitete Fachobjekt (Shapeformat) und die FEH-Datei (internes DAVID-Format) werden in einem definierten Tauschverzeichnis zur Verfügung gestellt und dort von den DAVID-Bearbeitern der Vermessungs- und Katasterämter heruntergeladen. Der Import des Fachobjektes erfolgt über eine von Dienstleister konfigurierte DAVID-Shapeschnittstelle, die auf die Shape, respektive WFS-Inhalte abgestimmt ist. Die Attribute aus dem Shapefile werden so beim Import nach DAVID-den ALKIS-Objekt/- Wertearten zugewiesen.

Das OpenSource GIS „QGIS“ bietet eine gute Plattform, um zeitnah und kostengünstig die Gewinnung, -Portionierung und geometrische Aufbereitung der via WFS  der Fachstelle bereitgestellten örF-Daten (Fachobjekte) durchzuführen. Der Import in die DAVID-Verarbeitungskomponenten erfolgt über eine DAVID-Shapeschnittstelle. Nach der Qualifizierung erfolgt die Simulation und die Fortführung der ALKIS-DHK im Standardprozess.

Arbeitsübersicht mit Foto des Rheintals
10a Teilausschnitt aus Arbeitsübersicht grün = VSG DE 57-11-401 Abb.10a Blick über das VSGDE-5711-401von Oberkestert Rhein abwärts. (Foto: Tilo Groß)

Neben der Datenbereitstellung, den Schnittstellen und vorgenannten rechtlichen und technischen Aspekten zur Geometriebearbeitung ist eine adäquate Arbeitsplanung und Steuerung zur erfolgreichen Erst-Übernahme insbesondere der großräumigen örF wie der Geofachdaten des Naturschutzes, der Überschwemmungsgebiete oder der Weinlagen unverzichtbar. Vogelschutz- oder FFH-Gebiete zum Beispiel umfassen regelmäßig mehrere Gemarkungen, nicht selten auch mehrere Amtsbezirke verschiedener Vermessungs- und Katasterämter. So erstreckt sich z.B. das VSG DE-5711-401 fast über den kompletten Bereich des Unesco-Welterbes Mittelrheintal und somit über 54 Gemarkungen sowie zwei Amtsbezirke beidseits des Rheins.

Diese „übergroßen“ Fachobjekte sind aus Gründen des Datenvolumens und der Datenführung zur Bearbeitung in DAVID (mindestens) auf Gemarkungsgröße zu zerlegen. Überschneidungen mit anderen Aktualisierungen und Aktualitätskonflikte im Aktualisierungsprozess sind zu verhindern. Datenabgabe und Erledigungsvermerke sind projektbezogen nach zu halten.

Weiter umfasst die Arbeitssteuerung die Organisation amtsbezirksübergreifender Mithilfe der Vermessungs- und Katasterämter sowie periodische Statistiken zum erreichten Übernahmestand, die entsprechende Transparenz zur Zielerreichung schaffen.

Quasi als „Add-on“ konnten mit QGIS diese Anforderungen an eine nachhaltige landesweite Arbeitsplanung und -steuerung ebenfalls realisiert werden. So konnte auch auch gezielt auf Anforderungen Dritter im Übernahmeprozess reagiert werden: Vogelschutz- oder FFH-Gebiete z.B. wurden in Bereichen anstehender oder geplanter Flurbereinigungsverfahren priorisiert übernommen, damit diese den Flurbereinigungsbehörden mit den ALKIS-Bestandsdaten zu Verfahrensbeginn bereitgestellt werden konnten.

Eine landesweite Arbeitsplanung und -steuerung ist zur Zielerreichung unerlässlich. QGIS bietet hierzu nützliche Standardfunktionen und erlaubt die jederzeitige Visualisierung der erreichten Arbeitsüberstände.
 

 Die digitale Bereitstellung und der vorstehend beschriebene Workflow zur Übernahme der örF / Geofachdaten Naturschutz in ALKIS nach dem Vorbild der Zusammenarbeit mit der Naturschutzverwaltung (LANIS-Zentrale) konnte zwischenzeitlich gemeinsam mit anderen rheinland-pfälzischen Fachverwaltungen auf weitere örF übertragen werden. Zum Stand Oktober 2018 sind die fachlichen Verabredungen und technischen Rahmenbedingungen zur Übernahme von rd. 180.000 ha Weinlagen, 46.000 ha Überschwemmungsgebieten und für 12.500 ha Steil- und Steilstlagenkennungen gegeben. Auch der Austausch mit den Amtlich-Landwirtschaftlichen Sachverständigen für Bodenschätzung und Bewertung entwickelt sich in Abstimmung mit der Finanzverwaltung in eine ähnliche Richtung unter Anwendung von Teilkomponenten des geschilderten Workflows.

Für die Vermessungs- und Katasterverwaltung ergeben sich damit Synergien durch gleichartige und standardisierte Bearbeitungsweisen im Übernahmeprozess.

Der in Zusammenarbeit mit der Naturschutzverwaltung entwickelte Workflow zur örF Übernahme bildet die Grundlage und den Standard für die Zusammenarbeit mit weiteren Fachbehörden.

Papierauszug mit Informationen zu einem Flurstück
Ausschnitt aus den Geobasisinformationen

 Die in das Liegenschaftskataster übernommenen örF werden nach Herbeiführung der geometrischen Identität auch bei Aktualisierungen der Flurstücksgeometrie in Übereinstimmung mit den Begrenzungen der durch die Rechtsfestsetzungen benannten Flurstücke gehalten. Die Nachweise zu Eigentum- und Eigentumsbeschränkungen können so lagerichtig, rechtssicher, aktuell und flurstücksbezogen den Nutzern der Geobasisinformationen produktunabhängig zur Verfügung gestellt werden.

Der Hinweis auf die örF ist im pdf-Flurstücksnachweis gleichermaßen lagerichtig enthalten, wie in den NAS-Bestandsdaten. Für Fachstellen, die die angepassten Geometrien nach der Erstübernahme in ihr LANIS-System übernimmt, wurde zudem ein örF-WFS implementiert, der alle im ALKIS-Datenbestand nachgewiesenen örF beinhaltet und periodisch aktualisiert zur Verfügung stellt.

Eigentum und etwaige Eigentumsbeschränkungen durch die örF können den Nutzern der Geobasisinformationen in Rheinland-Pfalz grundsätzlich produktunabhängig als PDF, NAS oder künftig auch per örF-WFS zur Verfügung gestellt werden.

Eine Vielzahl öffentlich rechtlicher Festlegungen ist bereits in den Nachweisen des Liegenschaftskatasters in Rheinland-Pfalz enthalten. Vorrangig kleinräumige Festsetzungen wurden über die letzten Jahrzehnte flurstücksbezogen in der Automatisierten Liegenschaftskarte (ALK) oder alphanumerisch im Automatisierten Liegenschaftsbuch (ALB) erfasst und nach ALKIS migriert. Für die massenhafte, landesweite und effiziente Erstübernahme großräumiger Fachobjekte konnte in Rheinland-Pfalz nun mit QGIS als Bindeglied zwischen dem WFS-Dienst der Fachverwaltung und den DAVID-Verarbeitungskomponenten ein kostenfreier und praxistauglicher Lückenschluss zeitnah und mit überschaubaren eigenen Ressourcen realisiert werden. Die Vorteile liegen insbesondere in der Datengewinnung, der Arbeitssteuerung und der automationsunterstützten Geometrienachführung der örF-Objekte in QGIS.

Seit Beginn der landesweiten Maßnahmen zur Erstübernahme im März 2017 konnten bis zum Oktober 2018 bereits rund 420.000 ha naturschutzrechtliche Festsetzungen und ins ALKIS übernommen werden. Die Übernahme weiterer örF wird sich hieran ebenso anschließen wie auch der Einsatz von QGIS innerhalb der  Vermessungs- und Katasterverwaltung Rheinland-Pfalz mittlerweile auf verschiedene andere Aufgabenstellung insbesondere zur Arbeitssteuerung und Datenanalyse ausgeweitet wurde. So z.B. auch zur Verifizierung von automatisiert erkannten Hinweisen auf mögliche Gebäudeveränderungen aus Digitalen Orthofotos, doch dies ist ein eigenes Thema.

Übrigens: Gute Ausbildung macht sich bezahlt! Die Grundidee zur Verfahrensweise sowie die Eigenentwicklung diverser QGIS-Skripte, -Modelle und -PlugIns zur Umsetzung geht auf zwei junge Geomatiker / Vermessungstechniker der VermKV Rheinland-Pfalz zurück!